Die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen ist für die Stadt Heide eine große Herausforderung. Vor dem Winter müssen kurzfristig neue Unterkünfte geschaffen werden, um alle Menschen unterzubringen. Langfristig wird es vor allem auf eine gute Integration der Migranten ankommen. Wie hilfreich dabei die Unterstützung der Bevölkerung sein kann, zeigt ein Projekt des Bündnisses für Familie der Stadt Heide.
Die Heimatstadt von Najibe Nadjafi kennen wir nur aus den Nachrichten: Kandahar, Hochburg der islamistischen Taliban im Süden Afghanistans. Bis heute ist die Region rund um die zweitgrößte Stadt des Landes nicht zur Ruhe gekommen. Daran konnte auch der Militäreinsatz der Nato unter Beteiligung der Bundeswehr wenig ändern. Laut des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge suchten alleine im ersten Halbjahr dieses Jahres rund 8.000 Menschen aus Afghanistan Schutz in Deutschland.
Gemeinsam mit ihrem Mann entschied sich die heute 24-jährige Najibe Nadjafi, ihr Heimatland zu verlassen: „2011 war Krieg in Afghanistan. Ich wollte, dass meine Kinder in Sicherheit und ohne ständige Angst um ihr Leben aufwachsen können.“ Die Familie flüchtete zunächst in den Iran. Von dort ging es weiter, viele Tausend Kilometer nach Westen, bis nach Heide.
Hier können Najibe Nadjafi und ihre Familie zum ersten Mal seit langer Zeit so etwas wie ein normales Leben führen. Ihre siebenjährige Tochter besucht die Grundschule Lüttenheid, die dreijährige Schwester geht in den Johanneskindergarten. „Wir hatten immer die Hoffnung, unser Land würde sich zum Positiven entwickeln“, erzählt Najibe Nadjafi, die ihre Heimat nie verlassen wollte.
Wie Familie Nadjafi haben auch der 29-jährige Waheedullah Noori und Hamid Aria, 32 Jahre alt, eine lange Flucht aus Afghanistan hinter sich. Sie und ihre Familien werden von den Flüchtlingsbetreuerinnen und -Betreuern der Stadt und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unterstützt.
„Ob beim Einkaufen, der Anmeldung zu Integrationskursen oder der Vermittlung von Sprachpartnern – in den ersten Wochen helfe ich, den Alltag zu organisieren“, sagt Sajad Sediqi. Der 25-Jährige kam selber als Flüchtling nach Heide und arbeitet nun als Flüchtlingsbetreuer bei der Stadtverwaltung. Seine Hilfe ist mehr denn je gefragt: Derzeit suchen zwischen zehn und 15 Personen pro Woche Zuflucht in Heide.
Während die Unterbringung der Flüchtlinge eine grundlegende Aufgabe der Stadtverwaltung ist, gehen die Überlegungen im Rathaus schon einen Schritt weiter: „Wir müssen den Neuankömmlingen helfen, sich möglichst schnell zu integrieren. Dies ist die Voraussetzung für ein gutes Zusammenleben in unserer Stadt“, sagt Bürgermeister Ulf Stecher.
Dass viele Heiderinnen und Heider bei diesem Prozess helfen möchten, zeigte die Spendenaktion „Fahrräder für Flüchtlinge“: Nach einem gemeinsamen Aufruf von Bürgermeister Stecher und der stellvertretenden Bürgervorsteherin Ilka Marzcinzik, erhielt das Bündnis für Familie der Stadt Heide innerhalb weniger Tage weit über 100 Fahrräder. Nach dem Abschluss der Aktion werden die Fahrräder nun an Bedürftige verteilt.
Auch Najibe Nadjafi ist dabei, als im Rathaus die ersten Fahrräder übergeben werden. Vor allem seitdem ihre Kinder die Schule und den Kindergarten besuchen, kann sie das Fahrrad gut gebrauchen. Einkäufe und Besorgungen lassen sich so viel schneller erledigen. Vielmehr zähle jedoch das schöne Gefühl, dass es in Heide „viele freundliche Menschen gibt, die uns unterstützen“, sagt Najibe Nadjafi.
Das freut auch die Initiatoren der Spendenaktion: „Wir sind beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der Heiderinnen und Heider. Es ist toll, dass so viele Menschen geholfen haben“, bedanken sich Ilka Maczinzik und Ulf Stecher. Ihr besonderer Dank gelte den Heider Werkstätten: Das Team von Werkstattleiter Thomas Hennings und Mechanikermeister Detlev Kraus reparierte alle Spendenräder kostenfrei. Hilfreich war dabei auch das Preisgeld einer bestandenen Stadtwette, die der Radiosender R.SH Anfang September organisiert hatte. Mit einem Teil des Gewinns konnten Ersatzteile, wie beispielsweise Fahrradlampen oder neue Sättel, beschafft werden.
Angesichts weiterhin steigender Flüchtlingszahlen steht die Stadt Heide vor gewaltigen Aufgaben: Noch vor der kalten Jahreszeit müssen zusätzliche Unterkünfte geschaffen werden. Neben Übergangsquartieren, beispielsweise in der Wulf-Isebrand-Kaserne, wird mittelfristig ein Neubau von Wohnungen angestrebt, um den Heider Wohnungsmarkt zu entlasten.Langfristig wird entscheidend sein, dass die Integration vor Ort gelingt. Zumindest für Najibe Nadjafi konnte die Aktion „Fahrräder für Flüchtlinge“ hierzu einen kleinen Beitrag leisten: Als sie mit ihrem Fahrrad das Rathaus verlässt, fühle es sich ein bisschen so an, als könnte Heide ihre neue Heimat werden, sagt die 24-Jährige.
Die Spendenaktion "Fahrräder für Flüchtlinge" endete im September. Bitte spenden Sie vorerst keine Fahrräder mehr. Weiterhin dringend benötigt wird Wohnraum für Flüchtlinge.
Wenn Sie eine Unterbringung anbieten können oder Fragen dazu haben, wenden Sie sich bitte an das Bürgerbüro der Stadt Heide. Ansprechpartnerin ist Jessica Claußen, Telefon: 0481 – 6850 – 520; E-Mail: jesica.claussen@stadt-heide.de .
Bei Fragen zu Sachspenden (Kleidung, Bettwäsche, Möbel) wenden Sie sich gerne an die Partnerorganisationen der Stadt Heide, beispielsweise die Arbeiterwohlfahrt (AWO), das Diakonische Werk oder an die Hoelp gGmbH.